âSeepferdchen-Passâ gegen wachsende Zahl an Nichtschwimmern: VergĂŒnstigter Eintritt nach Schwimmkurs
Artikel von Max Klapper (PNP) | Erschienen am 05.06.2025 im Reichenhaller Tagblatt
Bad Reichenhall/BGL.
Mindestens 411 Menschen sind 2024 in Deutschland ertrunken. 14 waren noch keine zehn Jahre alt. Und: Wie eine Umfrage unter Eltern ergibt, gehen immer weniger davon aus, dass ihre Kinder sichere Schwimmer sind. Im Berchtesgadener Land startet nun das Leuchtturm-Projekt «Seepferdchen-Pass»: Nach einem absolvierten Schwimmkurs bekommen Sechs- bis ZwölfjĂ€hrige neben der Auszeichnung den Seepferdchen-Pass ĂŒberreicht. Mit diesem bekommen die Kinder mit Wohnsitz im Berchtesgadener Land und eine Begleitperson drei Monate lang bzw. zehn Eintritte vergĂŒnstigten Zugang zu Rupertus Therme (Bad Reichenhall), Watzmann Therme (Berchtesgaden) oder Badylon (Freilassing). Am Mittwochvormittag stellten die Organisatoren des Kreisjugendrings um Vorsitzenden Johann Feil das Projekt im Saal der Sparkassen-Hauptstelle in Bad Reichenhall vor. Die Initiative weckt auch ĂŒberregional Interesse.
Feil: «Schwimmen soll kein Luxusgut sein»
Auslöser war eine reprĂ€sentative Forsa-Umfrage fĂŒr die DLRG: In den vergangenen fĂŒnf Jahren hat sich die Zahl der Kinder, die nicht schwimmen können, verdoppelt. Die der sicher schwimmenden Kinder sinkt. Auch stellt die Umfrage einen Zusammenhang zum Haushaltsnettoeinkommen her: Gibt es bei einem Einkommen von mehr als 4.000 Euro pro Monat «nur» zwölf Prozent an Nichtschwimmern, liegt der Anteil bei einem Einkommen von weniger als 2500 Euro bei 49 Prozent. «Das ist erschreckend», bilanziert Feil.
Oftmals fehlt nach einem Schwimmkurs der Antrieb der Eltern, die Kinder weiter zum Schwimmen zu animieren. «Wenn das nach dem Kurs nicht regelmĂ€Ăig geĂŒbt wird, verlernen die Kinder es wieder», sagt Feil. WĂ€hrend das in der Sommersaison aufgrund der zahlreichen Badeseen der Region kein Problem sei, wird es im Winter zu genau dem. «Die Bade-Saison dauert nur vier Monate. Deswegen haben wir die BĂ€der mit ins Boot geholt.» Ziel sei es, dass die Kinder auch auĂerhalb der Badesaison ihre Kenntnisse festigen.
Gemeinsam sind Kreisjugendring als ProjekttrĂ€ger, Wasserwacht und DLRG mit der Idee fĂŒr den Seepferdchen-Pass ans Landratsamt Berchtesgadener Land herangetreten. Die Idee: Gerade in der Zeit nach dem Schwimmkurs einen Anreiz fĂŒr das Schwimmen zu geben. Drei Monate bzw. zehn Eintritte Zugang zu Badylon, Rupertus und Watzmann Therme fĂŒr 50 Prozent ErmĂ€Ăigung fĂŒr das Zwei- bzw. Drei-Stunden-Ticket (je nach Angebot des Bads). «Schwimmen soll kein Luxusgut sein», sagte Feil auch mit Hinblick auf den hohen Anteil an Nichtschwimmern aus einkommensschwĂ€cheren Familien. Die ausstehende Summe wird zur HĂ€lfte von den Badeeinrichtungen, die andere vom Kreisjugendring ĂŒbernommen. Dieser wiederum hat die Gelder von der Sparkasse Berchtesgadener Land, der Sparkassen BĂŒrgerstiftung und durch eine Spendenaktion der Sparkasse bekommen. 14 000 Euro sind dafĂŒr an den Kreisjugendring geflossen, stellte Helmut Grundner, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse, vor. Vereine und Organisationen können den Pass in der GeschĂ€ftsstelle des Kreisjugendrings in Bad Reichenhall abholen. Die Organisatoren rechnen damit, dass dieses Jahr etwa 500 PĂ€sse ausgegeben werden, die zu zwei Dritteln genutzt werden. «In einem halben Jahr kommen wir wieder zusammen und schauen, ob unsere Kalkulationen stimmen.»
August Hacker engagiert sich seit 55 Jahren
Ganz neu ist das Konzept im Landkreis nicht. Seit rund fĂŒnf Jahren gibt es so etwas Ăhnliches in Berchtesgaden. Watzmann Therme und Wasserwacht arbeiten da bereits eng zusammen, erzĂ€hlt Martina Stadler. «Von den Schwimmkindern wird das sehr gut angenommen. Bei den Eltern ist es ein bisschen eingeschlafen.»
In Sachen Zusammenarbeit ist August Hacker erfahren: Der 77-JĂ€hrige engagiert sich seit 55 Jahren fĂŒr die DLRG in Teisendorf. Als Rentner gibt er seit neun Jahren drei Mal pro Woche Schwimmkurse fĂŒr das SonderpĂ€dagogische Förderzentrum St. Zeno im Familienbad der Rupertus Therme. «Es macht mir SpaĂ, wenn man einen gewissen Erfolg sieht», sagt er am Rande der Veranstaltung. Bei ihm seien viele Kinder mit Migrationshintergrund. «Sie stammen aus LĂ€ndern, wo das Schwimmen einfach kein Thema ist», erklĂ€rt er.
Die Idee ist auch ĂŒberregional nicht verborgen geblieben. Der Landkreis Starnberg und der bayerische Landesverband der Wasserwacht haben schon Kontakt mit dem Kreisjugendring aufgenommen. «Das könnte eine InitialzĂŒndung werden», freut sich Johann Feil.
Gewinnspiel
Jahreskarte wird verlost
Im Nachgang der Veranstaltung stellte Helmut Grundner ein Gewinnspiel vor: Verlost wird eine Jahreskarte fĂŒr eine Therme nahe des Wohnortes. Dazu mĂŒssen die Kinder am Ende dieses Jahres in der Kreisjugendring-GeschĂ€ftsstelle ihren vollstĂ€ndig eingelösten Seepferdchen-Pass abgeben, um daran teilzunehmen.